SoNGS - neckbreaker.de (DE)

Publication: 13 January 2013
Author: Pfaelzer
Note: 9/10

Es hat lange gedauert, sehr lange! Dreieinhalb Jahre spannte uns die größte Prog-Hoffnung Polens auf die Folter, bevor sie endlich ihr fünftes Werk vorlegen. Eine Zeitspanne, die normalerweise für einen Newcomer nicht gut ist, aber RIVERSIDE haben bereits ihre Spuren in der Szene hinterlassen. Und untätig saßen sie auch nicht herum, sondern sind in dieser Zeit viel getourt und feierten ihr zehnjähriges Jubiläum. Aus dem Anlass veröffentlichten sie 2011 die EP "Memories In My Head", mit der sie eher an ihre Debüt-Trilogie erinnerten, als an das letzte Werk "Anno Domini High Definition". Dazu brachte Frontmann Mariusz Duda noch zwei Scheiben seiner Soloband LUNATIC SOUL auf den Markt, da vergeht auch für den Fan die Wartezeit schnell genug. Doch nun steht direkt zu Jahresbeginn "Shrine Of New Generation Slaves" in den Läden, man darf gespannt sein, wie sich diese Truppe entwickelt hat.

Ungewohnt für dieses Genre gibt es kein groß angelegtes Intro, nach ein paar Synthesizer-Tupfern ist zum ersten Mal der Gesang zu vernehmen, der nach einer Zeile von schweren, wuchtigen Akkorden gestoppt wird. Hier gibt man sich zwar düster, aber keinesfalls gedrückt, die Riffs wirken auch offener als in der Vergangenheit. Die vage Nähe zu BLACK SABBATH Ende der Achtziger hält sich auch mit Einsetzen des ersten Hauptthemas. Das kommt nicht von ungefähr, denn der klassische Rock hält auf dem fünften Album noch mehr Einzug als auf dem Vorgänger.

Doch das ist nur eine Facette, denn nach wie vor setzen die Polen auf ihre Mixtur aus Prog, Artrock und einer Prise Metal. Diese verfeinern sie zusehends, saugen alle möglichen Einflüsse auf und suchen stets nach neuen Ausdrucksformen. Die größere Zugänglichkeit ist ein Aspekt, welcher beim neuen Werk auffällt. Allerdings zugänglich nicht im Sinne von anbiedernd, sondern von weniger introvertiert, sie scheinen den Hörer förmlich zu umarmen. Rockiger sind sie geworden, ein geschrieenes „Come" während einer DEEP PURPLE-affinen Harmonie wirkt wie eine Einladung, den Vier auf ihrer musikalischen Reise zu folgen.

Schon auf „Rapid Eye Movement" wollte die Truppe mehr aus sich heraus gehen, musste sich damals aber den thematischen Zwängen unterordnen. Beim letzten Album erschien sie immer noch zu unsicher, eine Unsicherheit, welche die Musiker mit heftigen und konzentrierten Riffattacken zu verbergen versuchten. Auf „Shrine Of New Generation Slaves" findet man eine neu gewonnene Leichtigkeit vor, die wiederum Möglichkeiten offenbart. Auf dem Weg durch die Klanglandschaften von RIVERSIDE fällt der modernere, klarere Sound auf. Hierfür begaben sie sich in die Hände von Magda Srzednicka und Robert Srzednicki, die schon die „Reality Dream"-Trilogie tontechnisch betreuten. Das wirft vor allem auf die Siebzigereinflüsse ein neues Licht. Weiterhin sind die metallischen Anteile in den Hintergrund gerückt und machen Platz für psychedelische Spielwiesen, auf denen Akustikgitarren sich entfalten können.

Doch der Blick geht nicht nur nach vorne, ab und an drehen sie sich um und schauen zurück. Daher waren die Arbeiten an „Memories In My Head" wichtig für die Band, auch um mit dem Kapitel abzuschließen. Ein weiser Mann sagte einst, man muss wissen woher man kommt, um zu wissen wohin man geht. All die Teile, welche sie unterwegs aufgesammelt haben, setzen die Jungs zusammen, achten dabei aber genau darauf, dass diese sich ineinander verzahnen. So müssen die Klangfarben nicht zu dick aufgetragen werden, die Arrangements wurden entschlackt, eine jazzige Luftigkeit macht sich breit.

RIVERSIDE scheinen auf ihrem Weg immer mehr bei sich selbst anzukommen. Ein paar rudimentäre Hinweise auf ihre Wurzeln gibt es zwar noch, doch diese werden immer mehr aufgeweicht und in den sehr dichten Kontext mit einbezogen. In diesem komponieren sie ein Meer von großen, traumwandlerischen Melodien. Die Vier wissen ihre Stärken und ihre charakteristischen Merkmale sehr geschickt einzusetzen, so dass man bei dem Dreher direkt ihre Handschrift erkennt.

Nach wie vor wird die Musik vom weichen, gefühlvollen und sehr variablen Spiel des Gitarristen Pjotr Grudzinski getragen. Michal Lapaj weiß seine Tasten noch effektiver und strukturierter einzusetzen, glänzt darüber hinaus mit kurzen Soli. Und die warme, sensible Stimme von Mariusz Duda ist ebenso unverkennbar wie sein prägnantes Bassspiel. Diese Musikalität wird stets in den Dienst der Songs gestellt, so dass sie sich weiter von allen Vorgaben lösen können. Mit „Shrine Of New Generation Slaves" ist es dem Quartett abermals gelungen, der Welt ein bezauberndes Kleinod zu schenken.